Laminarer Druckguss
Die Fahrzeugindustrie sieht sich bei Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen derzeit mit großen Herausforderungen konfrontiert. Neben strukturellen Veränderungen zählt hierzu insbesondere der Technologiewandel. Die aktuelle Marktentwicklung erfolgt im Spannungsfeld zwischen Nachhaltigkeit, Kundenerwartungen und hartem Wettbewerb. Das bietet natürlich auch Perspektiven.

Technologische Herausforderungen ergeben sich beispielsweise im Bereich der aktuell medial sehr präsenten Emissionsvorgaben. Dynamische Testzyklen wie WLTPs (Worldwide Harmonized Light Duty Test Procedure) und Abgastests im realen Fahrbetrieb (RDE / Real Driving Emissions) zeigen hier die Richtung auf. So ist konkret geplant, die Euro-6c-Norm, welche vor der verbindlichen Einführung steht, perspektivisch durch auf weltweit analysierten Fahrprofilen basierenden WLTPs zu ersetzen. Unter anderem aufgrund stetig steigender Geschwindigkeiten prognostizieren Experten einen Verbrauchsanstieg um etwa acht Prozent. Das hat zur Folge, dass durch den höheren Aufwand bei der Abgasbehandlung das Gesamtgewicht der Fahrzeuge steigt, so dass sich die Nutzlast verringert und die Dynamik negativ beeinflusst wird. Daraus resultiert für die Fahrzeughersteller die Notwendigkeit, Bauteile und Komponenten zu entwickeln, die auf der einen Seite gestiegenen Anforderungen in den Bereichen Sicherheit und Crash Rechnung tragen, auf der anderen Seite aber in ihrem Gewicht reduziert werden müssen, um den Verbrauch nicht weiter zu erhöhen.
Steigende Bedeutung von Aluminium
Eines der wichtigsten Ziele bleibt dabei die wirtschaftliche Herstellung von Bauteilen in Großserie. Hier steigt die Bedeutung von Aluminium als Werkstoff aufgrund seiner günstigen Gewichtseigenschaften weiter. Franken Guss ist mit seinem exklusiven Verfahren des laminaren Druckgusses hierfür bestens aufgestellt. Dieses Verfahren wurde gemeinsam mit einem großen Automobilhersteller für hochfeste, crashrelevante Aluminiumbauteile entwickelt und verbindet verschiedene Vorteile.
Laminarer Druckguss
Der laminare Druckguss wird auf horizontalen Kaltkammer-Druckgussmaschinen produziert. Die Formfüllung erfolgt über ein kompaktes Angusssystem. Im Gegensatz zum konventionellen Kaltkammer-Druckguss wird die Schmelze nicht mit hoher Geschwindigkeit, sondern langsam in die Form gefüllt. Dies ermöglicht eine nahezu turbulenzfreie und laminare Formfüllung und verhindert Gaseinschlüsse.
Ein weiterer großer Vorteil ist die Tatsache, dass der Nachdruck der Druckgussmaschine bedingt durch den kompakten Anguss besonders lange aufrechterhalten werden kann. Somit können durch Schwindung der erstarrenden Schmelze entstehende Lunker dichtgespeist werden. Aus diesem Grund sind laminare Druckgussbauteile schweißgeeignet und lassen sich unter anderem durch MIG-, WIG-, Elektronenstrahl- und Laserschweißen mit geringer Porenverlustfläche verarbeiten bzw. verschweißen. Außerdem lassen sich die Bauteile sehr gut wärmebehandeln. Dies führt zu einer Verbesserung der mechanischen Eigenschaften – etwa zu höheren Festigkeiten und einer großen Steigerung der Duktilität (Dehnbarkeit).
Entwicklungspartnerschaft auf Augenhöhe
Basierend auf diesem Know-how ist Franken Guss in der Lage, seine Kunden bereits bei der Entwicklung neuer Bauteile zu unterstützen. Meist werden Anfragen über ein neues Bauteil in Form eines Konzeptwettbewerbs dargestellt. In Zusammenarbeit mit dem Kunden werden Umfang und Aufgabenstellung der Anfrage definiert, woraus in permanenter Abstimmung ein konkreter Arbeits- und Ablaufplan erstellt wird. Oft existiert das neue Bauteil nur als Skizze oder als Modell eines ähnlichen Bauteils. Meist sind die Belastung, die Kinematikpunkte bei Fahrwerksteilen, das Lastkollektiv und das Zielgewicht bekannt. Basierend darauf wird mit Hilfe der Topologie-Optimierung, welche nach den Gestaltungsgesetzen der Natur arbeitet, ein Skelett erzeugt, das die geforderten Eigenschaften des Bauteils erfüllt. Berücksichtigung finden hier sowohl die mechanischen Eigenschaften des Aluminiumgusses als auch die Entformungsrichtung. Die erste FEM-Berechnung erlaubt eine Aussage zur ersten Bauteilkontur. Daraus muss mit den Franken Guss Fachleuten aus den Bereichen Gießerei, Konstruktion, Qualität und Simulation in kurzer Zeit eine gießgerechte und für den laminaren Druckguss geeignete Bauteilkontur entwickelt werden.
Jede Entwicklungsschleife beinhaltet eine umfangreiche FEM-Simulation nach Lastkollektiv des Kunden sowie eine gusstechnische Simulation. Diese werden – bei Bedarf zusammen mit den Ergebnissen der Crashsimulation – mit der Konstruktion, Lebensdauerberechnung und Gießsimulation abgeglichen. Mittels Füll- und Erstarrungssimulation können mit den Fachleuten der Qualitätsabteilung eine vorläufige Festlegung der zulässigen Porengrenze sowie Prüfpläne erarbeitet werden.
Wärmebehandlung
Um die von der Auslegung geforderten mechanischen Kennwerte der Aluminium-Druckgusslegierung zu erreichen, wird mit den Technikern parallel dazu ein geeignetes Wärmebehandlungskonzept erarbeitet. In der Regel wird bei Fahrwerksteilen die T6-Wärmebehandlung gewählt. Dieses Konzept beinhaltet im Wesentlichen drei Arbeitsschritte.
Zuerst erfolgt die Erwärmung auf Lösungsglühtemperatur. Die Bauteile werden eine genau festgelegte Zeitlang auf dieser Temperatur gehalten. Anschließend wird durch das Abschrecken in Wasser der Zustand „eingefroren“. Zuletzt werden die Bauteile bei eingestellter Temperatur und Zeit ausgelagert. Das Erreichen der vorgegebenen mechanischen Kennwerte wird mittels Zugstäben, welche aus dem Bauteil herausgearbeitet werden, überprüft.

Prototyping
Wenn die Berechnungen der FEM- und Gießsimulation vom Kunden freigegeben wurden, wird eine Zeichnung bzw. ein 3D-Modell erstellt. Daraus wird ein Prototypenwerkzeug, eine sogenannte „weiche Druckgussform“ gebaut. Dieses wird aus vorvergütetem Werkzeugstahl hergestellt und entspricht dem Serienwerkzeug, ist aber wegen der fehlenden Wärmebehandlung schneller verfügbar, preiswerter und kann, wenn notwendig, noch an der Kontur geändert werden. Zwar ist die Standzeit mit ca. 1.000 Abgüssen begrenzt, allerdings entsprechen die daraus gefertigten Bauteile exakt den Teilen, welche mit der Serienform produziert werden. An diesen Bauteilen können alle notwendigen Qualitätsprüfungen, beispielsweise die Maß-, Riss und Röntgenprüfung, durchgeführt werden – wenn notwendig auch die Wärmebehandlung und die mechanische Bearbeitung.
Freigabeprozess beim Kunden
Nach der Bearbeitung werden die Teile gewaschen und an den Kunden ausgeliefert. Dort werden die ersten Bauteile für Einbauversuche verwendet und auf einem Mehrkanalprüffeld nach einem vorgegebenen Lastkollektiv zyklisch dynamisch belastet. Hier müssen sie eine bestimmte Anzahl von Prüfzyklen ohne Schaden überstehen. Danach werden die Bauteile freigegeben und können in Fahrzeuge verbaut werden. Nach erfolgreicher Erprobungsphase erfolgt eine Freigabe für die Serie. Anschließend können die Serienwerkzeuge und Vorrichtungen beschafft und gefertigt werden. Dieser Prozessablauf kann nur in simultaner Zusammenarbeit der Bereiche Konstruktion, Berechnung, Simulation, Qualitätssicherung, mechanische Fertigung, den Werkstoffspezialisten und den jeweiligen Projektverantwortlichen erfolgreich und termingerecht durchgeführt werden.
Zukünftige Entwicklungen
Dieses Vorgehen zeigt, welche Vorzüge eine Entwicklungspartnerschaft für beide Seiten hat. Nach wie vor gilt: Gießen ist der kürzeste Weg von der flüssigen Schmelze zum fertigen Bauteil. Durch die bei Franken Guss angewandten Verfahren und Werkstoffe kann für nahezu jeden Anwendungsfall eine energiesparende und rohstoffeffiziente Fertigung von hochkomplexen und belastungsangepassten Bauteilen erfolgen. In Verbindung mit modernen Technologien wie Formfüll-, Erstarrungs- und Eigenspannungssimulation, Festigkeits- und Lebensdauerberechnungen und Topologie-Optimierungen lässt sich auch in Zukunft eine weitere Steigerung der Komplexität der Bauteile realisieren. Diesem Trend folgend, wird Franken Guss auch zukünftig großes Augenmerk auf die Bereiche Simulation, Prozessentwicklung, moderne Werkstoff- und Bauteilprüfung sowie Legierungsoptimierung legen.